Meine vierte Woche hier in Seoul hat mit einem netten ersten Treffen jenes Englisch-Klubs begonnen, dem ich eine Woche zuvor beigetreten war. Dabei haben wir Artificial Intelligence (AI) und Killer Robots diskutiert. Für mich persönlich war das jetzt nicht das mega interessante Thema, aber für eine gute Diskussion war’s schon okay. Nach meinem Abstecher zum Koreanisch-Kurs ging’s dann noch in ein Lokal nahe der Uni, wo wir natürlich einige Flaschen Soju (소주) geleert haben – das ist das mit Abstand beliebteste alkoholische Getränk hier in Korea. Wikipedia sagt mir, dass Soju vor allem aus Reis hergestellt wird … aber Reiswein ist es auch nicht wirklich. Es ist … naja, Soju eben. 😀 Gibt’s übrigens zusätzlich zur Originalversion in verschiedensten recht süßen Geschmacksrichtungen (Apfel, Grapefruit etc.) und ist daher auch bei der Damenwelt sehr beliebt. Eine Flasche Soju kostet im Supermarkt übrigens nicht einmal einen Euro. 😉 Der Dienstag war dann leider weniger gut für mich. Zuerst die schreckliche Nachricht über die Anschläge am Brüsseler Flughafen, dann habe ich beim Koreanisch-Kurs überhaupt nicht verstanden, wie die Zahlen funktionieren (die habe ich zum Glück aber inzwischen doch kapiert^^) und schließlich hat mich meine Zimmerkollegin das gesamte Zimmer putzen lassen (ja, es war wieder floor meeting) und sich dann nicht einmal bei mir bedankt. Aber gut, wie heißt es so schön bei U2? Some Days Are Better Than Others! Tags darauf habe ich dann die Gelegenheit beim Schopf gepackt und Seoul erstmals für ein paar Tage den Rücken gekehrt. Denn Donnerstag und Freitag war an unserer Uni (im Gegensatz zu vielen anderen Unis in Seoul) aufgrund der Osterfeiertage vorlesungsfrei und deshalb haben wir (Laura aus Deutschland, Withold und Ola aus Polen, Felix aus Kanada, Linn aus der Schweiz und ich) einen Roadtrip gemacht. Wir haben uns einen nagelneuen Neunsitzer gemietet und sind am Abend nach Danyang gefahren, einem kleinen und sehr dünn besiedelten Landkreis mehr oder weniger im Zentrum des Landes. In weiterer Folge sind wir dann noch nach Daegu und Jeonju gefahren – hier unsere Route:
Am ersten Tag unseres Roadtrips haben wir den größten See des Landes (Chungjuho, 충주호) gleich in der Nähe unseres Hostels per Bootsfahrt erkundet. Fun fact: Der See ist künstlich (entstanden durch einen Damm).^^ Am Nachmittag haben wir dann eine fast fünfstündige Wanderung im Woraksan Nationalpark (ebenfalls nicht weit von Danyang) gemacht. Konkret haben wir den Yeongbong Peak (영봉), den mit 1097 Meter höchsten Gipfel des Nationalparks bestiegen. EIN GROSSER FEHLER! 😀 Nein, es war natürlich eine sehr coole Wanderung, aber leider auch sehr sehr anstrengend, da de facto permanent steil. Uns allen haben deshalb noch Tage später die Beine wehgetan. 😀 Aber es war auch einmal eine gute Abwechslung zum Leben in der Großstadt. 🙂 Am Abend waren wir schließlich noch in der Nähe unseres Hostels essen. Wir sind in einer Fleischerei mit dazugehörigem Restaurant gelandet, in dem es sehr gutes Korean BBQ gab. Dabei werden natürlich wieder zig Beilagen serviert, das Fleisch wird direkt am Tisch (über Kohle) gegrillt. Die anderen kannten das größtenteils schon, für mich war es aber das erste (wenn auch sicher nicht das letzte) Mal. 😉
Am Freitag wollten wir eigentlich die berühmte Gosu-Höhle besuchen, die war aber gerade “under construction” und so sind wir schließlich in der Cheondong-Höhle (천동동굴), einer kleinen aber feinen Kalksteinhöhle gleich in der Nähe gelandet. Highlight des Tages war dann ohne Zweifel der Guinsa Tempel (구인사). Diese riesige Anlage besteht aus mehr als 20 Gebäuden und liegt – was unseren Beinen natürlich nicht sehr gefallen hat – auf einem Berg, quasi mitten im Wald. Der Tempel ist das Hauptquartier der buddhistischen Schule des Cheontae und kann bis zu 10.000 Menschen unterbringen. Templestay (Übernachtung in einem Tempel und Teilnahme am Tempelleben) wird hier natürlich auch angeboten. Das möchte ich unbedingt einmal machen, wenn auch eher in einem kleineren Tempel. Ich hoffe, dabei auch noch mehr über den Buddhismus in Korea zu lernen. Nach diesem ohnehin schon anstrengenden Tag musste Laura – unsere Fahrerin – auch noch fünf Stunden Fahrt nach Daegu zurücklegen. Hier hatten wir nämlich unser zweites Hostel gebucht, das sich dann als “Privatwohnung mit einigen Stockbetten” herausstellen sollte. 😀 Abendessen: Japanisch (inklusive Tintenfisch). Übrigens: In Korea ist es durchaus üblich, lebenden Oktopus zu essen – nein, das ist leider kein Scherz. Würde bei uns wohl unter Tierquälerei fallen (und die meisten sowieso einfach anekeln). Aber gut, das ist eben Asien I suppose.
Obwohl Daegu fast drei Millionen Einwohner hat, gibt es in der Stadt offenbar nicht allzu viel zu sehen. Allerdings sind wir auf einen sehr coolen Markt gestoßen (Seomun, 서문시장), auf dem es wohl wirklich alles zu kaufen gibt. Kleidung, alle möglichen Arten von Fisch (Oktopus und Co.^^) und außerdem gibt es viele kleine Stände, an denen man essen kann, was wir natürlich prompt ausprobiert haben. Eine mittelalterliche Dame (ohne ein Wort Englisch natürlich) hat uns da mit traditioneller Nudelsuppe bewirtet, während sich links und rechts von uns die Menschenmassen vorbeigeschoben haben. Ein sehr “asiatischer” Moment. 😀
Am Nachmittag sind wir dann zum letzten Ziel unserer Reise – der rund 600.000 Einwohner zählenden Stadt Jeonju im Südwesten des Landes gefahren. Jeonju ist vor allem für sehr leckeres Bibimbap (비빔밥, ein Reisgericht mit viiiiiel Gemüse, Ei und zahlreichen Beilagen) und für sein Hanok-Dorf bekannt. Hanok (한옥) sind traditionelle koreanische Wohnhäuser, die man schnell an ihren charakteristischen Dächern und Holzverzierungen erkennt. Leider gibt es nur mehr wenige Dörfer, in denen diese Häuser zu finden sind. Jeonju ist jedenfalls eine Stadt, in der es besonders viele davon gibt und in der auch dementsprechend viele Touristen anzutreffen sind.
Und die Moral von der Geschicht’? Auf den rund 1000 Kilometern, die wir in diesen vier Tagen zurückgelegt haben, ist mir vor allem eines klar geworden: Trotz seiner langen Geschichte gibt es in Korea verhältnismäßig wenig alte Häuser. Vieles scheint nur wenige Jahrzehnte alt zu sein – wohl, weil in diversen Kriegen vieles zerstört wurde und alte Holzhäuser irgendwann abgerissen wurden. Und: Das ländliche Korea ist anders, als ich es mir vorgestellt hätte. Es ist zwar nicht dreckig (so wie auch Seoul eine sehr saubere Stadt ist und das obwohl es fast keine Mülleimer gibt^^), vieles scheint aber doch “hingepfuscht”. Ein bisschen so wie am Balkan … irgendwie hatte ich da wohl ein “romantischeres” Bild im Kopf.